Wenn Du mich vor ein paar Monaten gefragt hättest, ob ich mir vorstellen kann, in Buchhandlungen oder gar Bioläden aus meinem Buch ‚manchmaloft’ vorzulesen … ich hätte mich bekrümelt vor Lachen.
Mittlerweile habe ich meine zweite Lesung überlebt. Für mich als Legasthenikerin – in einer Zeit groß geworden, in der es das Verständnis für Lese-Rechtschreib-Schwäche noch nicht so recht gab – waren die letzten Monate eine meiner intensivsten Lebens-Phase. Ich habe mir den Kopf zermatert, wie ich um das Vorlesen aus meinem Buch drum herum kommen könnte. Ich war sauer auf mich, dass ich das, was alle können, nicht kann. Beim besten Willen nicht. An meinem Geburtstag hatte ich es versucht und meinen Freundinnen ein Kapitel, aus meinem gerade fertig gewordenen Buch vorgelesen. Es war nicht ganz scheiße, nein und bis auf eine Freundin wollten mir auch alle das Gefühl geben, dass es ganz-gut war. Aber eine Freundin schmetterte, nach einer kurzen Sich-zurück-halt-Phase „Das geht gar nicht!“ heraus. Und ich wusste, sie hat Recht!
Danach diskutierten meine Freundinnen über Authentizität – ein Wort, welches mir super schwer fällt auszusprechen, ich muss es noch nicht einmal vorlesen. Ich hörte ihnen zu und litt. Ich hatte so viel geübt und es war, als mochten mich die Buchstaben nicht. Sie formierten sich zu Monstern und machten Grimassen. Wie damals in der Schule. Worte, die ich mir extra angestrichen hatte, weil sie sich, aus welchen Gründen auch immer, jedes Mal veränderten, kamen wieder und wieder anders aus mir heraus. Sie anzustreichen half so gar nicht. Sie waren gegen mich.
Doch dann, ich kann es gar nicht mehr richtig zurückdrehen und erinnern, traf ich auf Magdalena Bössen, die mir sagte, dass jeder Mensch vorlesen könne.
„Jeder?“ fragte ich ungläubig.
„Jeder kann vorlesen!“ wiederholte sie in ihrer kraftvollen Art, die mir mit offenen Armen zulächelte. Mir kamen innerlich die Tränen bei der Vorstellung, dass sie mir wirklich helfen könnte, meine panische Angst vor dem Mich-bloß-stellen zu nehmen.
Ich durfte Magdalena besuchen. Und dann konnte ich vorlesen. Nun ja, ich habe danach noch viel Vorlesen geübt. Immer wieder habe ich die mir ans Herz gewachsenen und für meine Zuhörer*innen für interessant befundenen Passagen laut und kräftig im Wohnzimmer – der Wand zugewandt – vorgetragen. Magdalena sagte, ich sollte mich dem Publikum zuwenden. Davor hatte ich am meisten Respekt. In der Erinnerung an Vorlesen-in-der-Schule hielt ich krampfhaft meinen Finger an der Zeilen-Stelle, wo ich gerade mit den Augen versuchte, die Buchstaben zu bändigen. Damit ich mich ja nicht verlöre. Während ich, 47 jährig, meine beiden Zeigefinger plus extra weißes Papier auf das mit großen Bilderbuch-Buchstaben bedruckte A4 Papier legte, um ja die Zeile zu halten, unterdessen ich Blickkontakt mit dem fiktiven Publikum suchte, versprach mir Magdalena, dass ich auch das nicht bräuchte.
Mein Vorlesen-Talent kann sich bestimmt noch von Mal zu Mal verbessern – gar keine Frage. Ich bin da guter Dinge. Doch ich bin mir und natürlich am allermeisten Magdalena so dankbar, dass ich das Mir-vorlese-Panik-mach-Monster erlegen konnte. Nun ja, ich habe noch immer Respekt vor den Tagen, an denen ich laut verkünde, eine Lesung zu geben. Aber ich sterbe nicht mehr. Und die Mischung – Lesung und Crash-Kurs zum Thema Selbstbesinnung, Findung und Entwicklung – macht mir richtig viel Freude. Da gibt es die Vorlese-Stellen an denen man mir bestimmt die Bereitschaft, aus meiner Komfortzone gehen zu wollen, nachfühlen kann und dann gibt es die Frei-Sprech-Stellen, an denen ich von meinem Wissen aus der Agentur-Zeit etwas in meiner Art-zu-sein, vermittele. Die Mischung mag ich sehr. Ich könnte glatt behaupten, dass ich Freude am Vorlesen bekommen habe.
Und, was ich noch gar nicht richtig glauben kann, ich habe schon drei weitere Lesungen inkl. Crash-Kurs im Säckel. Ich nehme langsam Autorinnen-Fahrt auf und wachse hinein ins Mich-als-solche-zeigen und Laut-vorlesen. Und so möchte ich jetzt auch in der Lage sein, Euch selbstbewusst mitzuteilen, dass ich heute nach Frankfurt gefahren bin. Rado begleitet mich. Wir gehen morgen auf die Buchmesse. Ich werde zwischen Autoren stehen-gehen, die es besser machen … die sich mit ganz vielen Menschen auf der Buchmesse treffen, weil sie richtige Autoren sind, weil sie ihr Buch bei einem echten Verlag veröffentlicht haben. Ich hingegen fühle mich an manchen Tagen noch ein bisschen wie eine Aufschneiderin. Irre, nur weil ich nicht den klassischen Weg gewählt habe. Ich bin Rado dankbar, dass er mich begleitet. Dann kann ich immer, wenn ich mich wie ein Scharlatan fühle, so tun, als sei ich Gast auf der Buchmesse.
Aber wieso mache ich mir eigentlich das Leben nur so schwer? Wieso feiere ich mich nicht einfach und gehe ganz gelassen, in der Hüfte schwingend-schlendernd, fröhlich in mein Erstes-Mal-als-Autorin-auf-der-Buchmesse-Sein?
Ich hab so viel erreicht, mache was mir lieb ist, wache ohne Wecker auf und gehe jeden Tag in den Tag wie es mir gefällt – so wie Langstrumpf es sagt … und doch scheren mich die Menschen … immer wieder … wann hört das endlich auf?
Also, ich bin morgen, 18. Oktober, mit Rado den ganzen Tag auf der Frankfurter Buchmesse! Ich weiß ich bin super-spät dran mit meinem Blog. Es scheint mir, als hätte mein verdecktes Muffensausen alles daran gesetzt, es bis zum Schluss auszureizen, damit so wenige wie möglich davon erfahren. Verzeiht! Ich will in mein Autorinnen-Sein hineinwachsen und üben, es früher kundzutun.
Wer ohnehin auf der Buchmesse ist und Lust hat mich zu treffen, über den würde ich mich wirklich freuen.
9:00 bis 11:00 > mache ich Standdienst für den Selfpublisher-Verband > HALLE 3.0 Stand G1
12:00 bis 13:00 > habe ich mein MEET-AND-GREET auch am Stand des Selfpublisher-Verbandes > HALLE 3.0 Stand G1
16:00 bis 16:30 > darf ich mit zwei anderen Autoren auf der Frankfurt-Authors-Bühne an einer Diskussionsrunde teilnehmen. Eingeladen hat mich da BoD – Books on Demand
Und einen Samstag drauf – am 26. Oktober – gebe ich eine Lesung inkl. Crash-Kurs in der Buchhandlung Büchereck in Hamburg Niendorf Nord. Auch hier würde ich mich sehr über die Eine oder den Anderen von Euch freuen.