Ich kann ja noch nicht so viel verraten. Das ist echt das Doofe am Bloggen im weltweiten Web. Aber ich bin ja phantasievoll. Die Bilder hier hab ich auf der Biennale gemacht und die machen sich hierfür doch gut. Sie lassen jedem seine eigene Vorstellung von dem Ort, wo wir noch einmal hingefahren sind. Die selbst gebastelten Häuser erinnern an alte tschechische Filme und die Geschichte dazu ist unglaublich. Ich möchte sie kurz anreißen. Peter Fritz, ein vor über zwanzig Jahren verstorbener Versicherungsbeamte, hat diese Modelle gebastelt. Der Künstler Oliver Croy fand die 387 Modelle Anfang der 90er in einem Antiquariat. Sie waren in Müllsäcke verpackt. Der Glückliche erwarb sie und zeigt sie seither in verschiedenen Ausstellungen.
Im Artikel auf der Seite von ‘der architekt’ heißt es: “Peter Fritz war nicht lediglich ein Feierabendbastler; Oliver Croy und Oliver Elser halten ihn für einen ernstzunehmenden Architekten, einen Dilettanten im besten Sinne: Laut Wikipedia übt der Dilettant „eine Sache um ihrer selbst willen aus, also aus Interesse, Vergnügen oder Leidenschaft“, das italienische dilettare heißt auf Deutsch „erfreuen“.”
Dieses Kunstwerk hat mir ins Herz geschossen. Es hat mir ausserordendlich gefallen, mich zum Denken angeregt und das, obwohl ich in Venedig noch nicht einmal die Geschichte von Peter Fritz kannte.
Sorry, ich schweife ab. Doch den Passus mit dem Dilletantismus finde ich erwähnenswert.
Rado und ich waren nochmal da. Da, wo wir am 2. Oktober schon mal gucken waren. An dem Ort, den uns Bärbel zumanövriert hat. Danke Bärbel! Danke Walter! An dem Ort, der übersetzt ‘Feuchtgebiet‘ oder besser ‘feuchter Ort’ heißt. Das wiederum haben wir vom “Dorfbesitzer” erzählt bekommen.
Nach einer Nacht drüber schlafen habe ich ihn einfach angerufen. Anfängliches Stottern. Mir fällt es immer noch schwer, mit meinem Boller-Vorhaben um die Ecke gekachelt zu kommen. Nach ein paar Sekunden hatte ich mich wieder sicher im Sattel. Ich habe geredet und geredet und als ich ein Päuschen machte, um zum einen zu horchen, ob er noch dran ist und zum anderen ihm auch mal Raum zu geben, war es echt spooky. Er war noch da und erzählte, dass er vor circa dreißig Jahren mit ähnlichen Ideen und Beweggründen diesen Ort aufgesucht und belebt hat. Wir liegen also, was die Wellenlänge angeht, recht nah beieinander. Unglaublich!
Bei unserem Treffen gestern saßen wir draußen auf der Terasse vor der alten Kate, die der “Dorfbesitzer” liebevoll restauriert hat. In diese Einsidelei, so steht es in der Chronik, sagt er,, seien die Mönche wegorganisiert worden, wenn sie zu sehr mit den Nonnen zu flirten begonnen hatten. Umzingelt von Wald und sonst nix konnten sie abkühlen oder verrückt werden. Das andere Haus am Dörfchenausgang, das Reetgedeckte, ist auch aus dieser Zeit. Die Häuser erzählen von sich aus Geschichten. Man muss nur horchen.
Die Sonne schien in die alten Obstbäume und wärmte. Es war ein herrlich-schöner Herbsttag. Beim kleinen Rundgang um die Häuschen, durften wir in das Eine hineingehen. Von Aussen sah es aus wie ‘ne Kirche. Er hat beim Renovieren der alt erscheinenden Häuschen alte Materialien gesammelt und geschickt eingesetzt. In dem besagten kirchenähnlichen Häuschen hängt eine Glocke im Türmchen. Voller Freude leutete der “Dorfbesitzer”. Es klang als wäre das Mittagessen fertig und er würde mit den Glocken alle Kinder und Arbeiter vom Feld hereinrufen.
“Das wird hier besonders liebgehabt” würde meine Freundin Kerstin sagen.
Was mich sehr beeindruckt hat ist auch, das der “Dorfbesitzer”, bevor es überhaupt die Grünen gab, bereits ein Unternehmen für biologisches Bauen gegründet hat. Zu der Zeit war er wirklich noch ein Pionier und die haben echt noch was riskiert. Mit Kratzern musste mancher der ersten biologisch Denkenden nach einem Tiefschlag wieder aufstehen. Ich glaub, nach einer Pleite sind viele eingeknickt und sind wieder auf den konventionellen Weg gegangen. Es bedarf enorme Kraft, an sich und seine Weltanschauung zu glauben und auch immer wieder für sie einzustehen.
Weiter zu gehen und sich nicht einschüchtern zu lassen. Auf meinen Weg sein. Ich habe eine Haltung für die ich sichtbar stehe. Kann weh tun, macht aber auch sehr viel Freude.
Ausserdem kann Schmerz heilen und Scheitern ist nicht das Gegenteil von Erfolg. An Niederlagen bin ich gewachsen. Wenn ich mich auf das Ganze konzentriere, sind es notwendige Täler, die ich durchschreite. Kratzer und Fresse-poliert-bekommen werde ich immer wieder einstecken, um mir treu zu bleiben.
Der “Dorfbesitzer” möchte, dass dieser Ort weiterlebt. Beim Verabschieden sagte er noch “jetzt liegt es an Euch!”. Nun will ich versuchen ein Konzept zu erdenken, das genau auf diesen “feuchten Ort” passt. Ich habe mir die ganze Zeit gewünscht, dass mir ein solcher Ort vor die Füße läuft und für den ich meine Ideen maßgeschneidert denken kann. Ich glaub, ich hab ihn.